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Alkohol im Aroma

Eins der am meisten hinterfragten Themen im Bereich der Halal-Ernährung bezieht sich sicherlich auf die Frage der Halal-Konformität der Aromen, die Ethanol als Trägerstoff aufweisen. Dies hängt vor allem damit zusammen, dass Aromen in fast allen nicht-frischen Lebensmitteln wiederzufinden sind und überwiegend mit Ethanol (Alkohol) gelöst werden. Die Problematik wird dadurch verschärft, dass dieser Alkohol im Endprodukt durch Gelehrte im Hinblick der halal/haram Einstufung unterschiedlich bewertet wird.

 

 

Verwendung und Herstellung

Aromen dienen sowohl als Geschmacks- oder Duftverfeinerung, als auch als Lebensmittelzusatzstoff, wenn das Eigenaroma nicht hinreichend ist oder nicht über die gewünschten Eigenschaften verfügt. Bislang gibt es über Tausende unterschiedliche Aromen, die zumeist als chemische Stoffe in konzentrierter Form wiederzufinden sind. Für eine bessere Verarbeitung müssen sie deshalb erstmals verdünnt werden, wobei als Lösungsmittel Alkohol, Wasser, Stärke oder auch Milchzucker (Laktose) verwendet werden kann. Hierbei ist das am meisten verwendete Lösungsmittel Ethanol, welches aufgrund der niedrigen Kosten und der leichten Verfügbarkeit bevorzugt wird. Weltweit werden zwei Drittel der ganzen Alkoholproduktion als Trinkalkohol verwendet, wobei der Rest für industrielle Zwecke, beispielsweise als Lösungsmittel, genutzt wird. Die Problematik hierbei ist, dass keine Kennzeichnungspflicht für das verwendete Lösungsmittel besteht, da sie nicht als Zutat im Endprodukt gilt. Falls das Aroma mit Milchzucker gelöst wurde, muss hierbei die Laktose auf der Verpackung angegeben werden, da sie zu den kennzeichnungspflichtigen allergenen Zutaten zählt. Wenn das Aroma jedoch Alkohol als Trägerstoff aufweist, muss dieser in der Zutatenliste nicht angegeben werden. Auch können außer dem Ethanol andere nicht berauschende Alkohole, wie beispielsweise Propylenglycol (E1520), als Lösungsmittel eingesetzt werden. Eine Nachfrage bei dem jeweiligen Hersteller kann in dieser Hinsicht weiterhelfen, um die genaue eingesetzte Alkoholart zu erfahren.

 

 

Ist Alkohol (Ethanol) im Aroma halal?

Da es zahlreiche verschiedene Meinungen der Gelehrten zu dem Ethanol im Aroma gibt und diese teilweise auch sehr unterschiedlich begründet werden, haben wir zahlreiche Fatawa beider Ansichten gesammelt und diese tabellarisch geordnet. Gerne kann jeder dazu beitragen, diese Liste mit weiteren Fatawa zu bereichern und zusätzliche Meinungen mit einer authentischen Quellenangabe bei uns einzureichen (Bitte per Mail an: dilara.faslak@halalcheck.net).

 

 

Gelehrter/Dachverband Einstufung Begründung
Prof. Dr. Ahmet Akgündüz bedenklich Solange die Möglichkeit besteht, halal-konforme Lebensmittel zu finden, ist der Verzehr von alkoholhaltigen Produkten verboten, auch wenn sie keine berauschende Wirkung haben

Falls die Möglichkeit nicht besteht, muss man erstmals die nicht berauschenden Produkte vorziehen und nur so viel davon konsumieren, wie es nötig ist

Wenn eine vollständige Zustandsänderung (Istikhala) stattfindet und der eingesetzte Alkohol seine ursprüngliche Eigenschaft verliert, so ist es erlaubt von dem Produkt zu konsumieren (Bsp.: Essig)

Prof. Dr. Cevat Aksit unbedenklich Nach der Hanaftischen Rechtsschule ist Alkohol nicht unrein (najis)

Auch Früchte und Essig enthalten Alkohol und ist als solches erlaubt

DITIB (Din Isleri Yüksek Kurulu) unbedenklich In diesen Fällen kann der Konsum des Produktes nicht als haram bewertet werden, denn bei diesem vorhandenen Alkohol handelt es sich nicht um khamr. Ansonsten müsste auch der Konsum von Früchten und anderen Lebensmitteln untersagt werden, da diese auch Alkohol enthalten.

Der Konsum von synthetischem Alkohol ist haram, jedoch wird die Verwendung als Lösungsmittel anders beurteilt, denn hierbei besteht nicht die Absicht einer Berauschung oder eines Genussmittels, sondern nutzt man es um die Aromen auflösen zu können

Solange es Alternativen gibt, sollte man zweifelhafte Produkte vermeiden und solche Produkte bevorzugen, die nichts bedenkliches enthalten

Ass.-Prof. Ebubekir Sifil bedenklich Argumentiert gegen den Vergleich zu Istihlak (vollständige Auflösung einer Sache in eine andere Sache), denn dieses Prinzip sei nur für das Wasser für die rituelle Waschung gültig und sei somit für das Alkohol im Aroma irrelevant
Prof. Dr. Hamdi Döndüren bedenklich Wenn der Trinkalkohol (Ethanol) als Lösungsmittel verwendet wird, auch wenn es sich nur um eine kleine Menge handelt, wird das Produkt als unrein (najis) eingestuft
Prof. Dr. Hayrettin Karaman unbedenklich Wenn die verzehrbare große Menge nicht berauscht, so ist die kleinere Menge auch halal (s. Begründung von Muhammed Ali el-Bâr)

Getränke werden in großen Behältern hergestellt, wenn man den zugefügten Alkohol nicht riechen, schmecken oder an der Farbe erkennen kann, so gilt das Getränk als rein/halal (Prinzip von Istihlak)

Islamische Gemeinschaft Milli Görüs (IGMG) unbedenklich Einsatz von Alkohol (aus Non-Hamr-Quelle) in Rohstoffen als Zwischenprodukt ist erlaubt, jedoch darf im finalen Endprodukt kein Alkohol mehr nachweisbar sein. Dies ist meistens der Fall, wenn in der Produktion durch Hitzeeinwirkung das Alkohol im Rohstoff verfliegt
Hüsameddin b. Musa Afâne unbedenkkich Da man den Alkohol im Produkt nicht bemerkt und dieser nicht gezielt für eine Berauschung hinzugefügt wird, gilt das Produkt als rein. Die Eigenschaft von „Khamr“ trifft nicht zu, da das Produkt keine berauschende Wirkung hat
Mecmeu'l-fikhi'l-Islamî unbedenklich Die Unreinheit der berauschenden Stoffe ist nicht materiell, sondern spirituell, so ist die Benutzung für medizinische Zwecke gestattet.

Wenn eine andere Alternative nicht leicht zu finden ist, ist der Alkohol zum Lösen der Aromen erlaubt

Muhammed Ali el-Bâr unbedenklich In Bezug auf die Aussage des Propheten Muhammed (sallalahu aleyhi wa sallam) „Was in größeren Mengen berauscht, ist auch in kleinen Mengen verboten“ (Abū Dāwud, Aschriba, 5; Tirmizī, Aschriba, 3.), ist der Alkohol im Aroma halal, denn auch wenn man eine größere Menge von dem Produkt konsumiert, wird man nicht berauscht, so ist auch die kleinere Menge erlaubt.

Bsp.: Auch wenn man die potenziell größte Menge von Cola zu sich nimmt, spürt man keine berauschende Wirkung, so ist auch eine kleine Menge halal, auch wenn in der Cola Alkohol als Lösungsmittel verwendet wurde

Muhammed Ebû Zehra unbedenklich Das trinken von Alkohol (Ethanol) ist zweifelsfrei haram, jedoch ist es erlaubt, diesen zum Lösen von Aromen zu verwenden, denn Alkohol wird nicht als unrein (najis) angesehen

Bsp.: Das verzehren von Esel ist haram, jedoch ist der Esel selbst nicht unrein (najis)

Prof. Dr. Mustafa Nutku bedenklich Stellt heraus, dass keine Istikhala (vollständige Zustandsänderung) stattfinden kann, denn wenn eine Zustandsänderung bei dem Ethanol eintrifft, so müsste dies auch zwangsläufig mit dem abhängigen Aroma passieren, dadurch würde es aber die gewünschten Eigenschaften verlieren, so wird eine Istikhala ausgeschlossen
Naqschibandi/Naksibendi (İsmailağa) bedenklich Alkohol, der im Nachhinein dem Produkt hinzugefügt wird, ist nicht zulässig, dies gilt auch für das Alkohol als Lösungsmittel im Aroma
Nezih Hammâd unbedenklich Bezieht sich ebenfalls auf das Prinzip von Istihlak: Wenn der Alkohol im Aroma im Produkt anhand des Geschmacks, Geruchs oder der Farbe nicht erkennbar ist, macht der Alkohol das Produkt nicht unrein/haram

Da der Alkohl als Trägerstoff dem Produkt keine berauschende Wirkung verleiht, hat die Überlieferung des Zitats "was in größeren Mengen berauscht, ist auch in kleineren Mengen verboten" keine Bedeutung

Nureddin Yildiz bedenklich Die Menge des Alkohols spielt keine Rolle, das Verzehren des Produktes ist nicht erlaubt. Nur der minimale Alkoholgehalt, der sich auf natürliche Weise bildet, kann zugelassen werden. Das Fernhalten von bedenklichen Stoffen wird von unserem Propheten Muhammad (sallallahu aleyhi wa sallam) appeliert
Wahba az-Zuhaili

(Vehbe Zühayli)

unbedenklich Es ist erlaubt in geringen Mengen Alkohol zu benutzen, wenn dies unerlässlich ist. Der Alkohol als Lösungsmittel wird demnach als notwendig angesehen

 

 

Quellenangaben

Alle Fatawa wurden schriftlich oder telefonisch bei der zugehörigen Zentrale erfragt oder aus dem Buch "Helâl Gida" von Dr. Yüksel Cayiroglu aus dem türkischen ins deutsche ohne jeglicher Veränderungen übersetzt und zusammengefasst